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Wissen teilen 39 – Neuigkeiten vom AFNB-Kongress am 01.12.2018 – und Frohe Weihnachten!!

10 Jahre AFNB nun schon

– und dieses Jahr in Berlin –

– die Neuigkeiten aus Neurowissenschaftlicher Sicht –

– ansprechend aufbereitet, so dass Zuhören viel Freude macht…

 Hier die Highlights:

Dr. Renee Moore-Seiwert sprach über erfolgreiche Innovation, Motivation und die dazugehörigen Mindsets, aber vor allem auch über den Mut, nicht perfekt zu sein, den Mut, ins Handeln zu kommen. Sehr interaktiv hat sie mit dem Publikum Erfolg und Misserfolg reflektiert – und dabei vor allem die so große Angst bei uns, zu scheitern. Sie hinterfragte negative Glaubenssätze und deren Wirkung auf unser Denken und Handeln, erklärte die Funktion des limbischen Systems als Reaktionssystems in diesem Kreislauf und fordert den Einsatz der emotionalen Intelligenz, also den Einsatz von „Creator“ (präfrontaler Cortex) und dem „Reactor“ (limbisches System). Ihre Tipps für die eigene Motivationssteigerung:

  • Splitte Ziele in Teil-Ziele
  • Erzähle von Deinen Ergebnissen (Dopamin!)
  • Bleib fokussiert/ konzentriert
  • Sei nicht immer perfekt – Agiere nicht erst, wenn Du denkst „es ist perfekt“ – habe den Mut, nicht perfekt sein zu müssen!

„Hack your Dopamin-System“ ist die Essenz der Amerikanerin und Frau des Zeitmanagement-Gurus Lothar Seiwert -> durch mehr Aktion mehr Dopamin und mehr Erfahrungen!

Mit einem schönen Lebens-Puzzle-Bild verdeutlichte sie die Integration von Erfahrungen, Erfolgen, Rückschlägen, Neubeginnen… und ermunterte dazu, selbst den Rahmen des eigenen Lebens-Puzzles zu bestimmen.

 

Prof.Dr.Dr.Onur Güntürkün über „Lernen, Entscheiden und Vergessen im Gehirn“ begann mit der Erklärung, wie Gedächtnis überhaupt entsteht: Synaptische Verbindungen, die schnell entstehen, aber unterschiedlich stark benutzt und ausgeprägt werden und sich auch ständig verändern. So kann ein Begriff, wie z.B. „Ehefrau“ 10-20x an unterschiedlichen Stellen im Gehirn „auftauchen“, ganz abgesehen davon, dass wir kulturbedingt auch unterschiedliche semantische Räume (ähnliche Begriffe) für einen Begriff haben.

Wann findet Lernen nun statt: Wenn etwas Neues passiert, mit dem wir nicht gerechnet haben, dass wir nicht vorhergesagt haben (Prädiktionsfehler/ Vorhersagefehler). Dopamin steigt, wenn dabei das Ergebnis besser als erwartet ausfällt, es fällt, wenn es schlechter als erwartet ausfällt – und kontrolliert den Übergang ins Langzeit-Gedächtnis.

Bsp Bonbonautomat: Das Ergebnis (Bonbon) schmeckt wie erwartet, ist also ohne Prädiktionsfehler, ohne Abweichung -> alles bleibt gleich. Das Ergebnis ist mit Prädiktionsabweichung, das Bonbon schmeckt besser als erwartet -> Dopamin-Neuronen sorgen für die synaptische Veränderung.

Also heißt: Fehler-frei auch Lern-frei!

Der Prädiktionsfehler treibt das Lernen an – allerdings muss der Fehler für uns erkennbar sein -> Wir müssen also Rückmeldungen/ Feedback erhalten! Erst wenn Fehler wahrgenommen und für uns auf die entsprechende Handlung rück-führ-bar sind, lernen wir daraus. Wichtig hier also: zeitnahe Rückmeldungen!

Und wie vergessen wir, ohne zu vergessen?: Hier sind es drei Hauptmechanismen, die wirken:

  1. Erinnerung A „überdeckt“ Erinnerung B (Bsp: Tante Grete <-> Tante Marta)
  2. Erinnerung B wird willentlich gehemmt
  3. Erinnerung B zerfällt (Bsp: Wegfressen der Synapsen; 80.000 Nervenzellen sind am Abend weg, sind „Erinnerungs-Müll“, an den wir nicht mehr rankommen)

Allerdings ist Erinnern das wahre Vergessen: ….Lernen-Lernen-Speichern-Abruf! -> und dieser Abruf verändert den Speicher!

Beispiel: Gedächtnis zum „Wohnzimmer“: trotz ständiger Veränderungen des Wohnzimmers im Laufe der Zeit entsteht bei uns kein neues Wohnzimmer-Gedächtnis. Wir verändern einfach das „Bild“ des alten Wohnzimmer-Bild-Speichers.

Hier brachte der Professor die Geschichte von Piaget, der sich an Dinge erinnerte, obwohl diese nie passiert waren. Es war ihm nur erzählt worden – und dies oft genug –  dass diese Dinge angeblich passiert seien.

Mit Erinnerungsbüchern u.ä. Methoden wurden diese Gedächtnis- und Erinnerungsleistungen mehrfach untersucht und bewiesen.

Ein schöner Abschluss des Vortrags war der Ausspruch von Max Frisch: „Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält.“ (aus: Mein Name sei Gantenbein)

 

Dr. Manuela Macedonia animierte mit „Beweg Dich – und Dein Gehirn sagt danke“. Aus eigener Erfahrung sprechend zeigte Frau Macedonia auf, was wir unserem Gehirn antun, wenn wir zu lang arbeiten, zu wenig schlafen, zu wenig Bewegung und zu viel Stress haben: „Unser Hippocampus ist dann irgendwann im Eimer“.

Über Themen wie Angiogenese, den Nervenwachtumsfaktor, das Glymphatische System usw machte sie deutlich, wie wichtig es ist, dass wir in Balance und in Bewegung bleiben. Jeder weiß, dass durch Bewegung das Wachstum neuer Gefäße (Angiogenese) und damit die Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff erhöht wird. Ebenso der Nervenwachstumsfaktor BDNF (brain drive neuro factor. Er ist eine im Gehirn eigens produzierte Substanz, die wichtig für die Kommunikation der Synapsen untereinander und für die Differenzierung der Zellen ist.) Er macht starke Zellen noch stärker – die schwachen Zellen werden abgetötet: „Unser Gehirn mag keine Looser“, erklärte Frau Macedonia. Haben wir zu wenig BDNF, korreliert der Niedrigwert BDNF mit Depression, Alzheimer, Essstörungen.

Zum Hippocampus: hier befinden sich die sogenannten „Platzzellen“ und die „Gitterzellen“, die das räumliche Gedächtnis repräsentieren. Wie bei einem GPS wird der Raum mithilfe dieser Zellenarten in Koordinaten unterteilt. Das Ergebnis: Wir finden uns zurecht. Leider schrumpft jedoch der Hippocampus ab dem 20 Lebensjahr jedes Jahr um 1% – manch ein älterer Mensch kennt die Probleme. Die Neurogenese, also die Entstehung neuer Stammzellen findet auch im Hippocampus statt. Diese neu gebildeten Zellen bewegen sich dorthin, wo sie gebraucht werden, z.B beim Sprachlernen Richtung Broca-Areal. Gliazellen helfen dabei beim Wandern der Stammzellen. Diese Schrumpfung des Hippocampus kann jedoch mit Bewegung verringert werden.

Auch die kognitive Kontrolle wird mit Bewegung wieder besser.

Kognitive Kontrolle – schön zu erfahren am Stroop-Test:

 

Blau                                      Grün                                                    Gelb

Rot                                                        Lila

Grün                                     Weiß                                                   Rot

 

Anweisung: Benennen Sie die Farbe, in der das Wort geschrieben ist!

Hier müssen Informationen unterdrückt werden – das Lesen des Wortes ist nicht erwünscht, nur das Erkennen der Farbe ist gefragt.

 

Ein anderes Beispiel: Das Aufblenden eines Autos hinter uns auf der Autobahn ist mit zunehmenden Alter für uns Menschen schwierig zu „unterdrücken“, zu ignorieren. Die kognitive Kontrolle lässt nach. Wir lassen uns mehr ablenken von der Hauptaufgabe, dem Steuern des eigenen Fahrzeugs.

Ja, und dann wäre da noch das Glymphatische System: Unser Reinigungssystem des Gehirns besteht aus Astrozyten, welche ein Tunnelsystem bilden und alle alte Zellen und Schadstoffe abtransportieren. Bewegung regt das Glymphatische  System an – Bewegung reinigt also das Gehirn.

Und auch Cortisol wird durch Bewegung abgebaut. Angst, Stress, Flucht führen zu erhöhten Cortisolwerten. Prinzipiell nicht schlecht, da wir dadurch Kraft und Energie haben. Aber nicht abgebautes Cortisol erzeugt dauerhaft Schäden. (Hier ging die Rednerin auch noch über die Zusammenhänge zwischen bestimmten Stoffen und Depression ein. Allerdings kann die Produktion dieser Stoffe durch Bewegung verringert werden.)

Fazit: Bewegung, Bewegung, Bewegung – es lohnt sich in vielerlei Hinsicht!

 

Hier habe ich übrigens eine Pause bei der Zusammenfassung der Vorträge eingelegt – für mein GehirnJ

 

Prof. Dr. Georg Adlmaier-Herbst begeisterte mit „Change Management – so klappt`s“: Dieser Vortrag bezog sich auf die Ergebnisse von Damasio zu somatischen Markern und deren Anwendung in der Affektbilanz und im Handeln mit Mottozielen statt reinen Ergebnis- und Verhaltenszielen.  Im Zürcher Ressourcen Modell machte Maja Storch diese Ansätze bekannt und anwendbar (siehe auch Wissen teilen 10 – Einsatz von Motto-Zielen). Nun bringen Herr Adlmaier und sie diese Anwendungen auch weiteren Zielgruppen näher. Und sie bringen diese auch in Bezug zu den Herausforderungen von „Morgen“, wie zum Beispiel die Anforderungen an Führungskräfte und Mitarbeiter in dieser bewegten, lebendigen Zeit, dem Zeitalters der Digitalisierung und der damit verbundenen ständigen Anpassung, des ständigen Wandels und des lebenslangen Lernens.

Change-Projekte scheitern jedoch hauptsächlich daran, dass Menschen sich schwer tun mit dieser ständigen Anpassung, sie diese nicht möchten. Hier setzen die Beiden mit Ihren Vorschlägen an – und zeigen wie es uns allen leichter fallen kann, mit den Herausforderungen umzugehen.

Seit 2015 bereichern diese Methoden meine Trainings-, Beratungs- und Projektarbeit – gehören ganz selbstverständlich dazu. Ich werde daher hier nicht den Vortrag zusammenfassen, sondern gleich das gleichnamige Buch empfehlen. Viel Freude beim Ausprobieren!

 

Dr. Bernd Hufnagel mit „Besser fix als fertig“ zeigte auf schnelle und imposante Art, wie wir hirngerechter mit der Digitalisierung umgehen können. Gewöhnung und Anpassung beschrieb er als Faktoren dafür, dass wir uns auch an den Gebrauch des „Digitalen“ gewöhnen, ohne zu merken, dass es etwas mit uns macht. Zum Beispiel stellt er in seinen Forschungen fest, dass einige Probanden ein „Fear of missing out“ (FOMO) entwickelt haben: die Angst, etwas zu versäumen: „Wie geht es Ihnen, wenn Sie Ihr Handy zu Hause vergessen haben? Ist die Emotion da neutral?“. Unser Sucht- und Belohnungsareal reagiert hier sofort. Auch Aufmerksamkeitsprobleme der Erwachsenen – ähnlich dem ADHS bei Kindern – nehmen lt. Forschungen zu.  Innere Beschleunigung führt dazu, dass wir weniger Zeit für Selbstreflexionen investieren. Die vielen Informationen, die uns angeboten werden im Alltag erfordern von uns auch viele Entscheidungen. Für dieses Multioptions-System ist unser Gehirn jedoch nicht „gebaut“: ab 5 Detail-Informationen wird es für uns schwierig. Was einerseits die Freiheit der Entscheidungen ist, ist auch das Problem der Entscheidungen. Im Handeln drückt sich dies zum Beispiel durch das „digitale Hopsen“ aus: wir klicken uns von link zu link – bleiben nicht mehr bei der Lösung und Info-Suche zu der ursprünglichen Frage. Nein, wir präferieren Methoden wie das „Executive reading/ listening“, das oberflächliche und ungenaue Lesen. Dann erhalten wir einen kurzen Überblick, können mitreden…

Dr. Hufnagel plädiert für „Tagträumen“ als „offline-gehen“, als Entspannungsmöglichkeit. Leider sind wir jedoch permanentes Funktionieren gewohnt. Die Probanden in der Forschung zeigen Probleme, wenn sie gebeten werden, „offline“ zu gehen, z.B. einfach nur mal das Handy abzugeben, aus dem Fenster zu schauen… Langeweile und den Zeit für den „Blick auf uns selbst“ sind wir nicht mehr gewohnt. Wir sind zu „To do-Listen-Abhakern“ geworden. Details werden nicht mehr gut wahrgenommen, eine differenzierte Wahrnehmung fällt uns zunehmend schwerer.

Single Tasking statt Multi Tasking – „einen Gedanken wieder zu Ende denken“ – so sein Motto. Tagträumen wieder lernen und zulassen. Abstand gewinnen und dadurch Themen relativieren  und schlussendlich damit auch Humor wieder zulassen!

 

Diesen Gedanken nahm auch sofort Thorsten Havener in seinem Programm „Ohne Worte“ auf: ein schöner Abschluss des Kongresses, in dem er uns an vielen kleinen Beispielen zeigte, wie man die Aufmerksamkeit und damit die Energie lenkt. Vor allem die kleinen nonverbalen Elemente, die er in seiner Show einsetzte, waren verblüffend und verblüffend einfach. In seiner Show „Feuerprobe“ tourt er durch Deutschland und lässt seine Zuschauer an seinen kleinen Kunststücken teilhaben. Vielleicht habe ich Sie gerade auf Ihre Weihnachts-Geschenk-Idee gebracht?

 

 

Dies als kurzer „Abriss“ eines spannenden Kongress-Nachmittags – ich hoffe, Sie hatten Freude beim Lesen!

 

Und jetzt bin ich gespannt, was Sie im Neuen Jahr berichten:

Welche Geschichten haben Sie unter dem Weihnachtsbaum, beim festlichen Mahl, auf der Silvester-Party… Ihren Freunden und Verwandten erzählt

und damit Ihre eigene Geschichte erfunden, die Sie für Ihr Leben haltenJ

Wie auch immer –

genießen Sie die Gespräche, das Lachen und Freuen,

die Weihnachtsüberraschungen und Leckereien,

die Ruhe und das Tag-träumen,

die Spaziergänge oder das Schlittschuh-Laufen,

all das, was auch immer Sie gern machen!

Ihnen allen ein frohes Fest und einen wunderbaren Start in das Jahr 2019,

wir sehen uns,

Ihre Antje Wegmeth