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Wissen teilen 44 – Un-Sicherheit und doch ein Lächeln auf den Lippen

Sie erinnern sich: In „Wissen teilen 42 – Körpersignale noch besser verstehen – die Polyvagaltheorie“ habe ich darüber gesprochen, wie wichtig es ist, den Sympathikus und den hinteren Vagus-Ast nicht dauerhaft zu aktivieren:

Unser Körper braucht auch mal Ent-Spannung

und damit eine vernünftige und wohltuende Atmung,

ein Herz-Kreislauf-System und einen Hormonhaushalt in Balance,

eine Muskel-ent-spannung,

ein gut funktionierendes Verdauungssystem,

eine offene und vielfältige Sinneswahrnehmung

und zu guter Letzt natürlich auch ein Lächeln auf den Lippen!

Jedoch nehmen wir derzeit viele Signale aus unserer Umwelt anders wahr:

Es fällt auf, dass sich durch die Rahmenbedingungen eine tiefe Unsicherheit „breit macht“.

Unsere Gewohnheiten stehen auf wackligen Füßen, wir können kaum noch planen.

Wir leben und entscheiden im „hier&jetzt“ – aber das ist ja prinzipiell erst einmal nicht Schlechtes.

Schwierig wird es jedoch, wenn unsere Handlungsoptionen durch die unterbewusste Verarbeitung der Unsicherheit – und der damit einhergehenden Emotionen –  falsch bewertet werden.

Aber wie kommt es dazu, was passiert denn da im Körper, im Gehirn?:

Wenn wir etwas wahrnehmen (sehen, hören, riechen, schmecken) wird dies vom Körper in elektrische Signale umgewandelt. Und wenn diese Signale in unser limbisches System gelangen, werden daraus Emotionen und Eindrücke. Das limbische System bewertet also die Wahrnehmungen.

Bewertet wird auf der Grundlage unserer bisherigen Erfahrungen.

Bei positiven Erfahrungen erfolgt eine positive Bewertung, bei negativen eine entsprechend negative Bewertung und der Wunsch von Vermeidung.

Unsicherheit haben viele von uns als negative Erfahrung abgespeichert – Unsicherheit sind wir nicht gewohnt!

Heute habe ich einen Veranstaltungstechniker sagen hören: „Als Selbständige sind wir Unsicherheit schon immer mehr gewohnt als Andere – es gab schon immer schlechtere Zeiten, die überbrückt werden mussten.“

Aber auch er fügte hinzu, dass der Grad der Unsicherheit und Planungsunfähigkeit jetzt besonders hoch ist und „Sorgen bereitet“.

Und dies wiederum löst im Körper Effekte aus, die sich vor allem im autonomen Nervensystem zeigen – dem System, dass wir selbst aktivieren müssen, damit es „ins Arbeiten“ kommt (siehe Newsletter 5, 42).

Wahrnehmung und damit Lernen ist also keine passive Aufnahme von Reizen und deren Verarbeitung, sondern geht immer mit der Verknüpfung an Emotionen einher.

Das Wissen um diese Prozesse erlaubt uns jedoch auch, unsere Konzepte (Erfahrungen) von „Sicherheit-Unsicherheit“  zu überdenken.

Was gibt mir zum Beispiel Sicherheit in unsicheren Zeiten?

In welchen Lebenssituationen habe ich Sicherheit empfunden und weshalb?

Welche kleinen Elemente können mir heute helfen, mich wieder sicherer zu fühlen?

Aber auch: Welche Entscheidungen habe ich „früher“ schon für eine (schon immer unsichere, da niemals vorhersehbare) Zukunft getroffen? Wie habe ich da meine Kriterien für diese Entscheidungen definiert? Wie bin ich da mit dem Thema „ständige Veränderung und Anpassung“ umgegangen? Wie kann  ich somit dafür sorgen, dass ich auch jetzt (langfristige) Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen treffe – und nicht vor mir herschiebe…?

Aber vor allem: Wie versetze ich mich und meinen Körper immer wieder in den ent-spannten Zustand, der mir erlaubt, offener zu sein, mehr Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten und in einen guten Kontakt mit Mitmenschen zu treten?

Es lohnt sich also, das autonome Nervensystem wieder „anzuwerfen“, die eigenen Körpersignale besser zu verstehen und sich wieder als selbst-bestimmter und handlungsfähiger zu erleben.

Liebe LeserInnen, es geht in diesem Newsletter nicht darum, die Veränderungen zu leugnen oder zu bagatellisieren (ich arbeite auch auf selbständiger Basis wie viele meiner KollegInnen), sondern darum, etwas für sich selbst zu tun, um handlungsfähig zu bleiben.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg beim „Ankurbeln“ Ihres Systems,

Ihre Antje Wegmeth

Bildnachweis – Urheber:  Orlando Rosu, Dateinummer: 83301279