Wissen teilen 37 – Szenenwissen vs. Ostereier-Suche
„Der Aufbau unserer Umwelt folgt bestimmten Strukturen und Merkmalen, die für uns so selbstverständlich sind, dass wir dieser kaum bewusst sind.“
Dieses Szenenwissen hilft uns, uns schnell in Umgebungen zurecht zu finden und „die Milch nicht unterm Bett und das Kissen nicht in der Badewanne zu suchen“ (Zitate: Frau Prof. Le-Hoa Vo).
Das kann vor allem in fremden Umgebungen für uns von Vorteil sein – aber auch für die Erforschung von Arbeitsgebieten ist dies ein interessanter Ansatz:
Mithilfe von Eyetracking und Virtual Reality Szenen wird gemessen, welche Teile des Bildes vom Betrachter als interessant oder wichtig eingestuft werden, wie lang der Blick darauf verweilt. Realitätsnähe und Dreidimensionalität liefern Ergebnisse, wie Menschen ihre Umwelt wahrnehmen, aufbauen und mit ihr interagieren. Denn nicht jeder ordnet die Welt gleich – und nicht jeder findet sich später so gut in -fremden- Umwelten zurecht…
Mal abgesehen davon, gibt es Menschen, die erfolgreichere Strategien entwickelt haben, ihre Umwelt in bestimmten Situationen wahrzunehmen. Blickbewegungen von Radiologen beim Betrachten eines Röntgenbildes in Bezug zu Diagnosen von Tumoren – oder Handgepäck-Sicherheitskontrollen an Flughäfen: Wie entscheiden die Sicherheitskräfte, wann geprüft wird und wann nicht?! Welche Bereiche wurden überhaupt angeschaut? Weshalb werden manche Bereiche für wichtig erachtet, andere nicht?
Und: Wie setzen Sie Ihr Szenenwissen in der verflixten Suche nach ein paar bunt bemalten Eiern und einem leckeren Schoko-Hasen ein?
Werden Sie vorher schon aufmerksam prüfen, wo welcher Gegenstand heute Abend noch in der Wohnung steht – und am Sonntag eventuell leicht „verrutscht“ oder völlig deplatziert ausschaut?
Übrigens: Die Gedächtnisleistung für Bilder in einer Szene nimmt zu, wenn wir vorher einzelne Objekte gesucht und gefunden haben.
Wir setzen uns bei der visuellen Suche stark mit der Szenen auseinander und prägen uns dann die Szenen und Objekte besser ein.
Nach der Sonntags-Oster-Suche werden Sie also der Fachmann all der Gegenstände in Ihrer Wohnung sein, die Sie tat- und blickkräftig untersucht haben.
(Leider ist ja die Wettervorhersage so, dass dies wohl hauptsächlich die Wohnung betreffen wird.)
Selbst wenn Sie also nichts Schokoartiges finden, Ihre Wohnung und dass was Sie besitzen, werden Sie mit anderen Augen wahrnehmen.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls viele kleine bunte Überraschungen
und trotz aller Vorhersagen ein sonniges Osterfest,
Ihre Antje Wegmeth
Literatur:
Ergebnisse der Psychologin Prof. Melissa Lê-Hoa Võ und ihres Teams von der Goethe-Universität; im Internet unter: www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de.
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