Wissen teilen 29 – Neuigkeiten vom AFNB-Kongress am 17.12.2016

… und wieder ging ein Jahr zu Ende mit vielen interessanten Neuigkeiten aus den Neurowissenschaften und mit Berichten aus der Praxis –
hier die Zusammenfassung des 8. internationalen AFNB-Wissenschaftsforums in Düsseldorf
mit Vorträgen von
Evelyne Binsack
Prof. Dr. Manfred Cierpka
Prof. Dr. John-Dylan Haynes
Prof. Dr. Christian E. Elger
Prof. Dr. Joseph Le Doux
Evelyne Binsack – einer der wenigen BergführerInnen weltweit, die in einzigartigen Expeditionen vor allem geistige Stärke und innere Bereitschaft als Erfolgsfaktor oder als Verhängnis beschreibt:
„Grenzerfahrungen am Ende der Welt„ lautete der Titel Ihres Vortrags.
Erfahrungen also als Grundlage für die Erweiterung von neuronalen Verbindungen – „Grenz-Erfahrungen“ jedoch auch als etwas Besonderes, da sie grundlegend in das Leben eingreifen, Veränderungen stärker anregen und neue Verhaltensmuster schneller verankern.
Dabei ging sie davon aus, dass 80-94% der Menschen nicht das tun, was sie möchten, sondern was sie müssen. (Umfrageergebnis) Gleichmäßigkeit bedeutet jedoch auch zu viel Stillstand für das Gehirn.
Fünf Beobachtungen waren ihr als Zusammenfassung aus ihren Reisen besonders wichtig – die sie alle mit kleinen Geschichten aus ihren Expeditionen untermalte und verdeutlichte:
- Grenzerfahrungen verändern das Leben
Durch Grenz-Erfahrungen erfährst Du viel über Deine Leistungsmöglichkeiten. Ihre Essenz: „Ich habe einen Extra-Turbo von 20-30 %, wenn`s mal kritisch wird.“
- Wer Grenzerfahrungen unterschätzt, der stirbt.
Willenskraft versteht man ausschließlich gut. Bei Stress oder Burnout – ist Wille da ausschließlich gut?
Bist Du am Berg überehrgeizig und übermotiviert, verlierst Du die Selbstkontrolle! Wo ist es noch Wille – wo schon Über-Wille: dies ist ein fließender Übergang… – und Absteigen heißt nicht „Aufgeben“, sondern eine neue Chance.
„Man muss also wissen, wie weit man zu weit gehen darf!“ oder „Kämpfe, aber es nicht wichtig, wie stark Du kämpfst, sondern wie Du kämpfst.“
- Wer Grenzerfahrungen ausweicht, verbündet sich mit dem Hindernis.
Unsicherheit ist ein täglicher Begleiter bei allem, was wir tun. „Hätte, könnte, sollte -hier wird die Unsicherheit nicht überwunden, sondern sie ist „der Schatten, der neben einem her läuft“.
Binsack: „25000 km, 5 Kontinente und 16 Länder – da gehört Unsicherheit nun mal dazu.“
4. Gut leben heißt gut navigieren.
… z.B. eine Linie vor Augen haben in der Eiswüste als Orientierung…
Zwischenziele haben, sonst werden wir abgelenkt und laufen im Kreis.
Aber auch das „Leading“ nicht vollständig abgeben. Wir haben immer Einzelverantwortung, auch im Team.
„Um des lieben Friedens willen nichts zu sagen, wenn der Kollege nicht in Richtung Sonnenuntergang geht, heißt, seine Verantwortung abzugeben. Dies kann gravierende Folgen haben!
Alle wählen mal die falsche Richtung – Fehler machen ist ok. Aber sie müssen korrigiert werden.“
- Bilde ein Team, dass bereit ist für Dich zu sterben.
Binsack musste Hilfe beanspruchen, um zu überleben: „Ich hatte das „low end of a low battery“ erreicht. Ihre Erfahrungen dabei: Negative Gedanken lassen die Zeit langsamer verlaufend erscheinen.
Gute Gedanken, wie „ein Eis essen am Züricher See:-)“ helfen. Auch Schmerzen lassen sich bedingt weg-denken.
Am meisten hilft es jedoch, positiv in ein Team zu investieren – auch wenn man dies nicht zurückerwarten kann. E. Binsack: „Mein Team gab mir Kraft, als ich in Schwierigkeiten war.“
Anmerkung: Ein Vortrag, der Mut macht und zum Nachdenken anregt. (Unsere Kinder waren in Düsseldorf dabei – und tief beeindruckt von den Ausführungen und der Erfahrung von Frau E. Binsack!)
Prof. Dr. Manfred Cierpka: “ Die Relevanz der Kindheit“
Schon in der Schwangerschaft und dann in der frühen Kindheit stellen sich entscheidende Weichen, die sich in der Hirnstruktur und dem neuronalen Netzwerk abbilden.
Die Persönlichkeit entwickelt sich in den ersten Lebensjahren, selbst pränatal laufen nicht nur biologische Prozesse, wie der extreme Anwachs von Neuronen ab. (siehe auch Wissen teilen 23: Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth: „Wie das Gehirn die Seele macht“ Epigenetk nennt man den Einfluss vor der Geburt – durch das Gehirn der Mutter.) Im ersten Lebensjahr gibt es die stärkste „Verdrahtung“ – dann ist die Neuronenanzahl wieder rückläufig, wenn diese nicht genutzt werden. Nutzung der Neuronen führt jedoch bei Wiederholung zu Konturierung von Vernetzungen, zur individuellen Hirnstruktur.
Die Erfahrungen der Kids werden vor allem in den primären Beziehungssystemen gemacht – also mit der Mutter, dem engsten Umfeld. Sind diese Erfahrungen nicht fördernd, hat es Auswirkungen: Zum Beispiel neigen depressive Mütter dazu, die Dauer des Blickkontakts des Kleinkindes falsch zu deuten. Da dies die intensivste Form der Kontaktaufnahme ist, ist sie für Kleinstkinder von der Aufmerksamkeitsspanne nicht allzu lang aufrecht erhaltbar. Dies interpretieren depressive und ängstliche Mütter oft als Ablehnung. Auch phobische Verhaltensweisen von Eltern kann man durch kleine therapeutische Inputs regulieren und somit neue Erfahrungen dem Kleinkindhirn zugänglich machen und deren Hirnstruktur dadurch prägen.
Eine frühzeitige Prävention und geeignete protektive Faktoren und Maßnahmen sind daher extrem wichtig, um eine gesunde Entwicklung von Kindern zu gewährleisten. Genau dafür setzt sich seit Jahren Prof. Dr. Manfred Cierpka ein. Das Motto seiner Präventionsarbeit: „Je früher, desto besser! Immer wieder! Über mehrere Ansatzpunkte, um die 5% der Risikofamilien auch wirklich zu erreichen!, denn der Misshandlungsgrad ist in keiner Lebensphase zu hoch wie im ersten Lebensjahr!“ Beispiele für seine präventiven Ansätze: „Das Baby verstehen“-Kurse; „Keiner fällt durch`s Netz“-Konzept; Forschung zu kompensatorisch wirksamen Schutzfaktoren; Breitenwirksamkeit erzeugen durch Hebammen-Versorgungssystem u.v.m.
Anmerkung: Herr Prof. Dr. Manfred Cierpka lebt diese Gedanken mit vollem Herzen. Sein Engagement war regelrecht spürbar. Und ich sehe viele Präventionsprogramme nun mit etwas anderen Augen – einiges hatte ich vorher weder so verstanden, noch hinterfragt.
Prof. Dr. John-Dylan Haynes: „Gedankenlesen mit Hilfe von Hirnscannern“
Ist dies überhaupt möglich? Wenn ja, wie müssen wir uns das vorstellen?
Die Analogie zu einer CD – als Träger von Musik – lässt uns verstehen, wie ein Lesen von Mustern funktionieren kann: Die Rillen auf der CD repräsentieren ein Musikstück mit einer bestimmten Kodierung. Auch im Gehirn hat jeder Gedanke eine bestimmte Kodierung. Diese Kodierung wird sichtbar, da der jeweilige Sauerstoffverbrauch im Gehirn – je nach Aktivität in den Bereichen – zum Phänomen Magnetismus führt (Sauerstoff oxidiert mit Eisen im Blut -> Folge: magnetische Reaktion) – und Magnetismus ist in der Kernspin nachweisbar.
Problem: Die Übersetzung solcher Gedanken-Kernspins ist wie eine Übersetzung von Hieroglyphen für die es keine Übersetzungs-Vorlage gibt. Also werden mit Hilfe von Code-breaking-maschines (Mustererkennungsmaschinen) Regelmäßigkeiten in den Mustern untersucht. Dazu gibt man den Probanden „Gedanken“ vor, man fordert sie auf, an bestimmte Dinge zu denken oder fragt sie nach ihren Gedanken und zeichnet die dazu entstehenden Bilder auf. Dadurch gewinnt man „Vorlagen“ und lässt die Computer mit diesen Vorlagen „lernen“.
Probleme:
- 86 Mrd Nervenzellen können nicht simultan aufgezeichnet werden – technisch sind wir noch nicht so weit!
- Aktivitätsmuster in den Probandenhirnen können sich dennoch unterscheiden: 10 Personen zeigen zum Beispiel dasselbe Muster, wenn sie an eine „Hand“ denken – Person 11 hat ein anderes Muster. Der Eine verbindet mit „Hand“ vielleicht eine positive Assoziation, der Andere eventuell nicht – die Bedeutungsinterpretationen der Probanden sind eben individuell.
- Wir können in kurzen Zeiträumen unglaublich viele Gedanken haben.
Aber:
Der Computer muss auch nicht jedes Aktivitätsmuster kennen und „lernen“, teilweise nähert er sich einfach durch ähnliche Muster an: Vom Muster „Auto“ und „Fahrrad“ – die er gelernt hat – kann er auf das Muster „Motorrad“ durch Vergleich der Muster und Annäherung gelangen.
Wofür könnte diese Forschung interessant/ relevant sein:
- zum Beispiel bei Wach-Koma-Patienten: „Denkt diese Person?“;
- in der Forensik: als Lügendetektor – aber noch lang nicht zugelassen, da noch viel zu anfällig
- im Gehirn-Marketing: wobei dies auch eine ethische Frage ist -> Neuro-Politik?
Gut, dass hier unser Gehirn nicht so einfach zu durchschauen ist: Springt ein Bereich im Gehirn z.B. wegen eines bestimmten Produktes an – und wird damit lesbar – muss dies noch nicht bedeuten, dass ich das Produkt für erstrebenswert halte. Mein Hirn springt ebenso an, wenn ich dieses Produkt als einfach nur „auffällig“ einstufe.
Wohin führt also diese Technik?
Sie ist spannend und zukunftsweisend – aber noch nicht mehr! Und sie löst Angst aus…
Wie sieht es mit „Brain-Writing“ aus?
Hier geht es darum, Gedanken als feinkörnige Muster im Hirn zu speichern, einzuschreiben ins Hirn. Ultraschall wird dazu in Betracht gezogen – aber auch hier ist die Forschung noch in den Anfängen!
Fazit von Prof. Dr. John-Dylan Haynes:
Brain-Reading ist derzeit leichter durch Sprache und die Kommunikation untereinander.
Und: Jede Art von Sprache hinterlässt „Spuren“ – so wie dieser Vortrag! Worte verändern, aber Sprache kann auch manipulieren… Seien Sie sich also der Bedeutung von Sprache bewusst!
Anmerkung: siehe mein Vortrag „Kunst auf sich zu achten“ – Bedeutung von Sprache im Umgang mit sich und Anderen (neurowissenschaftliche Hintergründe und deren Relevanz für die Praxis)
Prof. Dr. Christian E. Elger: „Neuroleadership“
Wie beeinflussen Hirnmechanismen das Verhalten von Menschen?
Dazu gibt es mittlerweile jede Menge wissenschaftliche Untersuchungen und dazugehörige Beispiele aus der Praxis, die manchmal auch überraschen.
So zum Beispiel bei der „Angebots-Regel vs der Widerspruchsregel“, wenn es um die grundsätzliche Entscheidung für eine Organspende geht.
Interessant ist die Neuro-Ökonomie des Hirns: es reagiert oft anders als man erfragt oder denkt.
Welche Methoden macht man sich für diese Untersuchungen zunutze?
Labor-Experimente (Verhaltensanalysen) und die Neurobiologie (MRT, EEG etc.)
Die Neurobiologie wird dabei als Zusatz zu den Laborexperimenten betrachtet. Im MRT ist zum Beispiel Lügen unmöglich, aber: die Interpretation der Daten ist auch schwieriger (100 Billionen Kontaktstellen im Gehirn).
Was unterscheidet den Homo sapiens vom Neandertaler?
Das Frontalhirn ist verstärkt entwickelt – er handelt sozial, strategisch, empathisch… -> er kann vorausschauend handeln. Die Evolution des Menschen ist eine Gehirnevolution. Der Anpassungsdruck führte zur Hirnentwicklung.
Der Flynn-Effekt zeigt den kontinuierlichen Anstieg des IQ über die Zeit (0,3 IQ/ Jahr). Und durch Training können wir Fähigkeiten verbessern, so wie die Londoner Taxisfahrer einen größeren hinteren Hippocampus aufweisen oder bestimmte Hirnareale von Geigern vergrößert sind.
Anpassung zeigt sich auch bei Verhalten von Frauen, sobald sie die männliche Rolle mit übernehmen – alleinerziehende Mütter. Während Frauen sonst eher „tief stapeln“ in Wettbewerbssituationen, zeigen alleinerziehende Mütter dieses Verhalten weniger.
Es gibt auch interessante Untersuchungen zum Thema „priming“, dem Vorschalten unbewusster Reize und deren Auswirkung auf das Verhalten. Die Worte „alt, grau, weise“ führten zum Beispiel zu einer Verlangsamung der Schrittgeschwindigkeit der Probanden. Gibt man wert-schätzende und positive Wortkombinationen vor, wird die Schrittdynamik höher. (Mobbing gehört damit auch zum Negativ-priming.)
Priming wird aber oft nicht erkannt, unterschätzt und häufig nicht oder falsch gewertet. Sinnvolles priming erleichtert fast alles!
Oder das Belohnungssystem, das eher zufällig entdeckt wurde: Die Ratte, die die Taste drückt und dann ein „Wohlgefühl“ erfährt, hört nicht mehr auf… der Nucleus accumbens, den auch die Menschen besitzen, lässt sich gezielt stimulieren. (Anmerkung von mir: z.B. führt auch die Kombination von Zucker und Fett – nicht einzeln, sondern zusammen in Nahrung eingenommen, z.B. als Gebäck – zu diesem Effekt.) Und: unser Belohnungssystem fordert sofortige Befriedigung.
Aber wir sind nicht allem einfach nur ausgeliefert, wir haben auch evolutionäre Vorteile: Im Ultimatum-Spiel zeigt sich unsere Tendenz zur Fairness – wir wünschen faires Verhalten. Dies ist beispielsweise beim Thema Führungsverhalten und Lohngerechtigkeit ein wichtiger Punkt.
Übrigens: Geldgewinn tut gut, jedoch schmerzt uns Geld-Verlust sehr – unsere Inselregion im Hirn reagiert. Und: es ist wichtig, diesen Schmerz zu fühlen, um keine Schulden zu machen. (Mit Paracetamol – Schmerzmittel – kann man übrigens den Verlust-Schmerz verhindern und sich schneller ruinieren.)
Fazit dieser vielen Untersuchungen:
Priming – ist die große Unbekannte – die zu sehr negativ als positiv genutzt wird!
Das Belohnungssystem ist zentral – es motiviert und korrumpiert uns. Es ist dominant und beherrschend!
Anmerkung 1: Prof. Dr. Christian E. Elger hat in seinem Vortrag viele, viele Beispiele aufgeführt, um zu belegen, wie das Gehirn auf innere und äußere Reize reagiert, wie überraschend oft die Reaktionen sind – und wie wichtig es ist, die Gehirnmechanismen zu kennen.
Seine Worte: „Wer auf diesem `Klavier` spielen kann, hat bei der Führung einen Vorteil.“
Empfehlenswert ist hier weiterführende Literatur.
Anmerkung 2: siehe mein Vortrag „Empathisch führen – Motivation fördern“ – neurowissenschaftliche Zusammenhänge in Bezug zu Führung
Prof. Dr. Joseph Le Doux: „Coming to terms with fear“ (Die Auseinandersetzung mit der Angst)
Prof. Dr. Joseph Le Doux beschäftigt sich als Professor für Neurowissenschaften an der University New York seit ca. 10 Jahren vor allem mit der Amygdala, dem sogenannten Mandelkern. Ihn interessiert vor allem der laterale Bereich, der die Informationen weiter zum Centralen Nucleus leitet und dort eine Sympathikus-Reaktion hervorruft. Die Amygdala wird heute als Angstzentrum im Gehirn betrachtet – Prof. Dr. Joseph Le Doux bietet eine andere Sichtweise an:
Beispiel: Eine Katze frisst eine Maus – dieses Wissen wird der Maus über Generationen weitergegeben. Ein kleiner Stimulus reicht, z.B. der Geruch der Katze, und schon wird das Angstsystem im Körper der Maus aktiviert.
Oder: Eine Schlange bedeutet Gefahr! Die angeborene Angst vor Schlangen lässt uns viel Respekt vor ihnen haben. Das Bild einer Schlange – auch wenn sie sich später eventuell als Stock entpuppt, den wir falsch gedeutet haben – wird registriert und weitergeleitet in die Amygdala – lange bevor wir die „Schlange“ bewusst wahrnehmen. Dies ist wichtig: Im Fall von Bedrohungen hilft uns die Amygdala richtig zu reagieren (freeze – flight – fight). Ist die Amygdala verletzt, ist die Angstreaktion ausgelöscht.
Aber: Wir empfinden auch Angst, wenn die Amygdala verletzt ist!
Ist die Schlussfolgerung also richtig, dass die Amygdala das Zentrum der Angst ist?
Ist es nicht eher so, dass hier nur Gefahren entdeckt und Reaktionen ausgelöst werden?
Das würde bedeuten, dass wir eine andere Sicht auf die Amygdala brauchen: die defensive Überlebens-Kreislauf-Sicht (threat detection response center) statt die Sicht der Amygdala als Zentrum der Angst.
Weshalb ist dies aber so wichtig?
Das Wort „Angst“ ist kritisch zu sehen, da auch andere Organismen „defense reactions“ zeigen, deshalb aber nicht zwingend Angst fühlen/ empfinden. Zum Beispiel meiden Bakterien Säure – deswegen würden wir ihnen jedoch keine Angstgefühle zuschreiben.
Die Überlebensstrategie ist, die Gefahr zu entdecken!
Werden jedoch diese Überlebensstrategien gestört, kann dies verheerende Folgen haben. Störungen können zum Beispiel durch Medikationen erfolgen – wenn das Falsche behandelt wird. Medikationen, die die Amygdala blockieren, führen zum Absinken/ Wegbleiben der Überlebensreaktion (der Sympathikus-Reaktion). Jedoch berichten diese Patienten zwar, dass die Situation gehandhabt werden kann (z.B. bei sozialer Phobie auf einer Party sein), jedoch fühlen sie sich weiterhin unwohl, ängstlich in der Situation.
Le Doux sagt, Angst ist eine Emotion, ein Gefühl – und für dieses sind verschiedene Zutaten verantwortlich. Ähnlich wie bei der Zubereitung einer Suppe – je nach Zutaten erhalten wir eine andere Suppe. Und keine der Zutaten ist eine „Suppen-Zutat“, sondern kann auch anders verwendet werden.
Der Schaltkreislauf im Gehirn reagiert auf Gefahr – dazu geben wir semantische Beschreibungen und episodische Erinnerungen – dann haben wir die konkrete Gefahrensituation. Angst entsteht also aus einer Art „Bastel-Prozess“ (bricolage) im Gehirn. Dafür brauchen wir ein paar „Bastel-Zutaten“ und das Arbeitsgedächtnis. Es ist also wichtig, die „Bastel-Zutaten“ zu kennen und deren Bedeutung, und diese in der Therapie zu nutzen (u.a. in dem wir unbewusste und bewusste Prozesse nacheinander einbeziehen).
Fazit: Unsere Sichtweise auf die Amygdala prägt unsere Art, zu forschen und Therapien anzubieten. Le Doux bietet ein erweitertes Verständnis auf das Thema „Angst“ und rät ab, die Amygdala weiter als Angst-Zentrum zu betrachten.
Anmerkung: Auch hier empfiehlt sich weiterführende Literatur – „Wie wir Furcht und Angst begreifen, wenn wir das Gehirn verstehen.“ (Le Doux)
Weiterhin hat er einen Song herausgebracht, der die Funktionsweise des Mandelkerns auf eine mal ganz andere Art beschreibt:-)